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AutorenbildAlexander Dubowy

Russischer Strafvollzug

Aktualisiert: 17. Feb. 2021

Die zentrale Besonderheit des russischen Strafvollzugs besteht darin, dass die Häftlinge von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht in zellenartigen Einrichtungen untergebracht sind, sondern in schlafsaalartigen Gemeinschaftsunterkünften mit Stockbetten leben.


Die Häftlingen werden in Gruppen eingeteilt, die gemeinsam leben. In diesen Gemeinschaftsunterkünften können sich die Häftlinge frei bewegen und miteinander kommunizieren.


Die am häufigsten vorkommende Art von Justizvollzugsanstalten sind:

  • sogenannte Besserungsarbeitskolonien mit allgemeinem Strafvollzug (колония общего режима),

  • gefolgt von Besserungsarbeitskolonien mit strengen Haftbedingungen (колония строгого режима).

Diese beiden Arten beherbergen über 90% aller Häftlinge (ca. 400.000).

Der Unterschied zwischen Besserungsarbeitskolonien mit allgemeinem Strafvollzug und Besserungsarbeitskolonien mit strengen Haftbedingungen (колония строгого режима) ist nicht allzu groß.

Im Wesentlich besteht der Unterschied in der Anzahl der Besuche und Postpakete pro Jahr sowie der Höhe der Geldsummen, die die Insassen ausgeben können


Über die Ausgestaltungen der Haftbedingungen entscheidet nicht das Gericht, sondern die Leitung der Haftanstalt. Dies bietet Raum für Korruption; so können bessere Haftbedingungen, eine höhere Anzahl von Besuchen, Postpaketen etc. erworben werden.


Frauen können nur zur Haft in Besserungsarbeitskolonien mit allgemeinem Strafvollzug oder in einer Ansiedlungsstrafkolonie (колония-поселение) verurteilt werden.


Die Ansiedlungsstrafkolonie (колония-поселение) ist die Art von Justizvollzugsanstalt mit geringsten Haftbedingungen. Einige Merkmale sind:

Frauen und Männer sind gemeinsam in Haft, klarerweise in unterschiedlichen Gebäuden. Die Insassen können auch mit ihren Familien auf dem Gelände der Ansiedlungsstrafkolonie (колония-поселение) leben. Die Häftlinge können sich frei auf dem Territorium der Ansiedlungsstrafkolonie bewegen und außerhalb der Haftanstalt einer Arbeit nachgehen. Haben sich aber ab einer gewissen Uhrzeit in der Ansiedlungsstrafkolonie einzufinden.


Die strengsten Haftbedingungen bestehen in sogenannten Spezialkolonien (колония особого режима) und eben in Gefängnissen (тюрьма). Diese sind nur für besonders schwere Verbrechen (z.B. Terrorismus, Entführungen) vorgesehen sind. Derzeit sind rund 3000 Häftlinge in beiden Arten der Justizvollzugsanstalten strengsten Haftbedingungen untergebracht.


Das System der Gemeinschaftsunterkünfte der Besserungsarbeitskolonien in Verbindung mit dem Personalmangel wirkt sich auch auf die Organisation der Selbstverwaltung unter den Insassen aus. So bestehen bspw. formale Verwaltungspositionen, die von Insassen bekelidet werden, diese agieren dann ähnlich wie Verwaltungsangestellte und genießen gegenüber „einfachen Insassen“ bestimmte Privilegien. Weiters besteht eine von den Justizbeamten unabhängige „Selbstverwaltung von unten“. Das bedeutet, dass einige Insassen, zumeist Berufskriminelle [vory | воры], beginnen, den anderen ihre eigenen Vorstellungen und Regeln aufzuzwingen. Die Justizbeamten lassen das traditionell zu und greifen dabei nur in den allerseltensten Fällen ein.


Die Informationsbeschaffung und Kontrolle durch die Justizwache erfolgt aufgrund des großen Personalmangels direkt über einzelne Häftlinge, die als "Augen und Ohren" der Beamten agieren. Die Kontrolle gründet dabei auf einem Netz von Spitzeln und sehr harten Strafen selbst für geringfügige Vergehen bzw. auf Privilegien für die Spitzel. Auf diese Weise gelingt es auch einer sehr geringen Zahl an Beamten eine große Anzahl von Insassen zu kontrollieren, weil eben jeder jeden beobachtet.



(dpa/Alexey Filippov/Sputnik)


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